Kommunikation

Zwicken, beißen, schlagen – Gewalt bei Kindern

von Manuela

Zwicken, kratzen oder schlagen bei Kindern, was kann ich dagegen tun?

 

Zwicken, kratzen, beißen oder schlagen hat sicherlich bereits jedes Elternteil schon einmal bei seinen Kindern erlebt. Diese Gewalt unter Kindern oder die Gewalt die von Kindern ausgeht, ist vielfältig und nicht pauschal zu lösen. Genauso wenig gibt es DEN Auslöser dafür. Kinder sind ihrem Charakter, in ihrem Wesen und auch ihrem Entwicklungsstand sowie wie ihrem Alter unterschiedlich. Daher kann es auch nicht DIE EINE Lösung geben.

Es beginnt meist ganz harmlos – es ist doch ein Zeichen von Liebe, oder?!

Der anfangs vermeintlich süße Liebesbiss deines Babys wird zur Gewohnheit und wird auch nach dem Zahnen munter fortgeführt. Dein Kind hat in dieser Zeit die Strategie gelernt, dass es damit seine Liebe zu dir ausdrücken kann. Getreu dem Motto: Ich habe dich zum Fressen gern! Es ist also ein großer Liebesbeweis. Wie kann es nun verstehen, dass dieser Liebesbeweis jetzt allerdings andere schmerzt, obwohl es doch nur seine Liebe zu den Eltern ausdrücken möchte? Dieser nonverbale Kommunikationsversuch, der sich als fehlgeleiteter Ausdruck von Liebe etabliert hat, ist also nun zu einem Problem geworden. Was ist zu tun?

Es bedarf Zeit und vor allem auch Geduld eine solche Gewohnheit zu verändern. Der Vorteil bei diesem Beispiel ist, dass das Bedürfnis bzw. der Auslöser des Beißens vermeintlich bekannt sind. Immer wieder werden mir in meinem Mentoring Programm Gemeinsam Wachsen jedoch auch Situationen geschildert, die nicht so eindeutig sind. In meinem Mentoring Programm betrifft es meist Kleinkinder oder Kinder. Selbstverständlich kann es aber gleichermaßen auch Jugendliche oder Erwachsene betreffen, mit dem Unterschied, dass sie sich reflektiert und auch empathisch mit ihren und den Bedürfnissen anderer auseinandersetzen können.

Da die Impulskontrolle erst mit ca. 6 Jahren gänzlich abgeschlossen ist, fällt es insbesondere unseren kleinen Familienmitgliedern besonders schwer ihre Bedürfnisse so zum Ausdruck zu bringen, dass wir Erwachsene sie verstehen und damit umgehen können. Aber ganz gleich ob es nun die 15 Monate alte Greta oder der 6-jährige Joel ist, eines haben sie alle gemein: ein Bedürfnis, welches sie auf ihre Art und Weise zum Ausdruck bringen und welches wir verstehen und ggf. umlenken müssen.

Zwicken beißen schlagen welches bedürfnis steckt dahinter

Dabei gilt vor allem eins:

Kinder müssen offen protestieren können, in dem sie weinen oder wüten, OHNE jedoch andere dabei zu verletzten. Sie müssen die Erfahrung machen können, dass Eltern sie trotzdem lieben und nicht wegen dieser „negativen Emotionen“ ablehnen!

Mache dir also bewusst, dass dein Kind im Prinzip die gleichen Bedürfnisse hat wie du selbst auch. Vielleicht trifft dich dann die Überforderung weniger hart, wenn du das erste Mal erlebst wie dein Kind dich oder andere Kinder bewusst schlägt, kratzt oder beißt.

Das kann das Bedürfnis nach Liebe oder Anerkennung sein oder das Grundbedürfnis des Hungers. Bei etwas älteren Kindern kann es auch das Bedürfnis nach Autonomie oder nach Integrität sein.

Vielleicht fühlt sich dein Kind aber auch einfach in seiner Würde verletzt?

Auslöser gibt es viele, doch welches konkrete Bedürfnis steckt hinter dem Verhalten deines Kindes? Das gilt es herauszufinden!

Nun wissen wir, dass das Verhalten durch unerfüllte Bedürfnisse ausgelöst wird. Das hilft dir in einer Akutsituation wahrscheinlich nicht unbedingt weiter. Auch wenn die Gründe und auch jedes Kind unterschiedlich sind, möchte ich dir hiermit eine mögliche Herangehensweise aufzeigen, die dir vielleicht beim nächsten gewalttätigen Wutausbruch deines Kindes helfen.

3 Schritte wie du mit dem Wutausbruch deines Kindes umgehen kannst

1. Versuche herauszufinden welches Bedürfnis hinter dem Verhalten steht

Hier kommen wieder die bereits angesprochenen Bedürfnisse ins Spiel. Hinter der Wut kann so vieles stehen. Stelle dir die folgenden Fragen:

  • Warum ist dein Kind so wütend?
  • Was steckt hinter der Wut?
  • Was ist das unerfüllte Bedürfnis dahinter?
  • Kommt diese Wut immer wieder in den gleichen Situationen auf, wie z.B. beim Spielen mit dem Bruder oder an einem bestimmten Ort?

2. Verbalisiere was das Kind vermeintlich will

Sprich mit deinem Kind, ganz gleich ob es 15 Monate alt ist oder bereits 6 Jahre. Es wird es mit der Zeit verstehen. Dein Kind sieht, dass du dich der Sache annimmst, ihm Aufmerksamkeit schenkst und es wahrnimmst in der Situation. Verbalisiere Sätze wie:

  • Ich sehe dich.
  • Ich verstehe, dass du eine Sauwut hast.
  • Ich verstehe, dass deine Wut raus muss.
  • Ich bin da für dich.
  • Was brauchst du damit es dir besser geht?

Genau, es geht ums Zuhören, annehmen, dabei sein, offene Arme bieten, respektvoll bleiben. 

3. Biete deinem Kind eine Alternative oder wende die „Methode“ des liebevollen Haltens an

Eine Alternative bei einem Wutanfall könnte das Schlagen auf ein Kissen oder das Rausschreien der Wut (inkl. Gruß an die Nachbarn) sein. Die Energie und die Wut rauslassen und zwar ohne andere dabei zu verletzen, ist die Alternative zum Schlagen. Eine weitere und/oder ergänzende Möglichkeit ist das „liebevolle Halten“. Dabei geht es darum dem Kind das zu geben, was es eigentlich braucht in der Wut: Sicherheit und Nähe. Getreu dem Motto:

  • Ich biete dir jetzt die Nähe die du brauchst und die Sicherheit dich fallenlassen zu können.
  • Ich bin das Gefäß, in dem du all deine Gefühle abladen kannst

Liebevolles Halten_Deinem Kind das geben was es braucht

Liebevolles Halten

Es macht glücklich und es beruhigt, sich fallenzulassen, sofern das Kind die Nähe und den Körperkontakt zulässt. Dabei geht es nicht darum, dass Kind gegen seinen Willen festzuhalten. Gib deinem Kind Halt und Nähe, denn das ist genau das was es eigentlich sucht.

Wenn das Kind nicht festgehalten werden will, dann versuche mit Worten an das Kind heranzukommen. Vor allem aber sollte man wie anfangs erwähnt, Geduld haben, denn möglicherweise wird es die ersten 2-3 bis vielleicht 10 Male nicht funktionieren.

Es mag eigenartig klingen, aber ein Ziel dessen kann auch sein, das Kind dadurch zum Weinen zu bringen. Denn weinen reinigt und ermöglicht, dass die Wut oder die Trauer abfließen kann. Geht es dir nicht auch manchmal ganz genau so? Die Gefühle ungefiltert rauszulassen, sich ihren Weg nach draußen bahnen zu lassen, sich dem hinzugeben. Weinen kann so befreiend sein, das gilt auch für Erwachsene. Warum soll es für unsere Kleinen nicht auch genauso gut sein?

Bedürfnisse als Bausteine des Miteinanders erkennen und damit umgehen

Wahrscheinlich könnte ich mit Leichtigkeit eine Doktorarbeit über weitere Herangehensweisen, Beweggründe und den Möglichkeiten für jedes Alter und jeden Entwicklungsstand eines Kindes schreiben. Die Ausführungen sprengen jedoch den Rahmen eines Blogartikels.

Aufgrund der Wichtigkeit und der Relevanz für die meisten Familien, nimmt dieses Thema daher einen großen Rahmen in meinem Mentoring Programm ein. Dort gehen wir individuell auf jede Situation ein. Eben weil es sehr individuell in der Ausprägung und vor allem auch in den Rahmenbedingungen ist. Wir besprechen Herangehensweisen, sie werden ausprobiert und wir besprechen bei Bedarf weitere Möglichkeiten. Die hier vorgeschlagene Herangehensweise kann helfen, doch ein allgemeingültiges Rezept für unsere individuellen kleinen Racker kann es gemäß der One size fits all natürlich nicht geben.

Mit dem Wissen, dass Bedürfnisse Motor all unseres Handelns sind, wird klar, dass es die Aufgabe ist, diese zu entdecken, zu erkennen und wertzuschätzen – und vor allem zu achten! Genau darin unterstütze ich Dich!

Ein gewaltfreies Miteinander kann also nur bestehen, wenn wir unser gegenüber als Subjekt wahrnehmen und loslassen von Erziehungsgedanken,- methoden und dem dauerthaften Wunsch nach Kontrolle, sondern stattdessen Kinder in ihrem Wachstum begleiten einander mit Respekt begegnen und achtsam zuhören, um die Bedürfnisse zu erkennen.

Wenn auch diesen Weg gehen möchtest, dir hier eine Begleitung wünschst, dann lass gerne einmal dazu sprechen. Hier kannst du direkt einen kostenlosen Kennenlerntermin mit mir ausmachen.