Kommunikation

Respektvolles Miteinander in der Eltern-Kind-Beziehung

von Manuela

Kinder respektvoll begegnen – der Erziehungsweg ohne Strafen

„Was ist eigentlich Respekt für dich?“ frage ich meine Mann unverforen beim Frühstück. Er nimmt einen Schluck Kaffee, schaut mich an und sagt „Dass ich den anderen genauso achte wie mich selbst.“

BÄM. Wahre, kurze, genau getroffenen Worte. Auch in meiner öffentlichen Facebook-Gruppe „Raus aus dem Alltag – rein in die Familie“ hatte ich diese Frage gestellt und ähnliche Antworten bekommen.

Respekt dem Menschen und sich selbst gegenüber zu haben, ist nicht nur mein großer Wert, an dem ich alles ausrichte – es ist auch eine Haltung, die ich kommunikativ ausdrücke und ein zutiefst menschliches Bedürfnis.

Was Respekt genau ist und warum ein respektvolles Miteinander die Alternative für Erziehungsmethoden wie Belohnung und Bestrafung ist – und damit der Weg in ein gewaltfreies Miteinander –  das möchte ich dir heute erklären.

Was ist eigentlich Respekt?

Respekt ist auf „Anerkennung und Bewunderung beruhende Achtung“, sagt unter anderem der Duden.
Etymologisch gesehen ist respicere der lateinische Ausdruck für „zurückblicken, berücksichtigen, achten“, „Rücksicht nehmen auf.“ Es ist also ein Ausdruck dessen, dass ich jemand anderes sehe, wahrnehme und wertschätze.

Und hier liegt bereits schon ein großer Schatz verborgen:

Wenn ich jemanden wertschätze – und das geht nur über die Worte und die Taten, die ich mache – dann trage ich zu seinem positiven, bestärken Selbstwertgefühl bei.

Wenn ich jemandem oder respektvoll begegne, dann bedeutet das, dass ich mein Gegenüber gleichwertig wahr- und annehme mit seinem Wesen, seiner Persönlichkeit, seiner Menschenwürde, in seinem Sein, mit seinem Denken, mit seinen Gefühlen, so, wie er ist – ungeachtet der sozialen Herkunft, Geschlecht oder Bildungsstand, Rolle oder Verhältnis zueinander.

Respekt fängt bei uns selbst an

Erst, wenn ich mich selbst als Mensch respektiere, kann ich auch andere respektieren. Genau aus diesem Grund geht Respekt mit Selbstachtung einher, was notwendig ist für ein positives Selbstwertgefühl.

Das bedeutet auch, dass ich achtsam mit mir selbst bin. Mit meinen Gedanken – die auch an mich richte. 

  • Gehe ich selbst respektvoll mit mir um?
  • Wie rede ich mit mir selbst in Gedanken, über das, was ich bin, tue oder denke?

Wenn ich mich also selbst achte und nach meinen Werten leben, dann bin ich auch authentisch und echt – mir selbst und anderen gegenüber. Dann kann ich mich, für das, was ich tue, denke, sage auch selbst respektieren.

Respektvolles Miteinander in einer gleichwürdigen Eltern-Kind-Beziehung

Ein respektvolles Miteinander ist daher unabdingbar in einer gleichwürdigen Eltern-Kind-Beziehung.
Wenn ich meinem Kind von der Grundhaltung her respektvoll begegne, ihm zuhöre, es wertschätze kann das meinen Alltag konfliktärmer und vor allem entspannter machen.

Es bedeutet, dass ich – gerade im Konflikt, bei Wutausbrüchen meines Kindes – „auf Augenhöhe“ gehe. Dass ich mich mit meinen Gedanken, Gefühlen und Bedürfnissen und auch auf mein Kind, seine/ihre Werte, Gedanken, Gefühle einlasse und diese annehme.

So erzählte auch eine Teilnehmerin meines Mentoring-Programms „Gemeinsam wachsen“:Und ich habe gemerkt, woran es liegt, dass ich es öfters als mir lieb ist, nicht schaffe, einen respektvollen Umgang mit meinem Kind zu haben: ich bin mir meiner Gefühle zu wenig bewusst.Ich kann meiner Tochter jetzt viel mehr Respekt entgegen bringen.“

Respekt haben und Respekt zollen

Kennst du auch den Glaubenssatz „Kinder müssen ihren Eltern Respsekt zollen?“

In meinen Augen verwechseln hier viele Erwachsene Respekt mit Gehorsam, der wiederum „anerzogen“ in einer Macht-Über-Erziehung mit Methoden wie Belohnung und Bestrafung„Respekt zollen“ geht damit oft einher mit der Idee von Autorität, die durch die Anwendung von Macht, Kontrolle, Angst und Gehorsam erzeugt. Eine autoritäre Person ist demnach jemand, der etwas zu sagen hat, während sich andere etwas sagen lassen (müssen) – in dieser Subjekt-Objekt-Beziehung

Gewalt als Mittel der Erziehung erzeugt keinen Respekt, sondern Angst. (Jesper Juul)

Juul kommentiert dazu: „Gewalt als Mittel der Erziehung erzeugt keinen Respekt, sondern Angst. Sie bringt den Kindern nicht den Unterschied zwischen richtig und falsch bei, sondern lehrt sie, dass Gewaltanwendung richtig ist, wenn man die Macht hat. Sie lehrt die Kinder nicht, die Grenzen der Erwachsenen zu respektieren, sondern die Konsequenzen zu fürchten.“

Respekt vor seinen Eltern zu haben (ohne Angst vor Strafe) bedeutet, dass dies Eltern sind, die wissen, wer sie sind – also eine persönliche Autorität – besitzen.

Das sind Eltern,

  • die ihre Macht nicht missbrauchen
  • die Verantwortung tragen für die Entscheidungen, die sie treffen (und deren Folgen) – ohne den anderen zu beschuldigen
  • die das eigene Handeln hinterfragen und Rechenschaft ablegen – sich selbst und anderen gegenüber
  • die Werte und Normen besitzen und sich an diesen orientieren.
Mutter und Kind unterhalten sich auf Augenhöhe

Respektvoller Umgang im Alltag mit Kind

Es ist wahrlich ein Paradoxon: Für Erwachsene ist es ganz selbstverständlich respektvoll mit Erwachsenen umzugehen:

  • Wenn eine Freundin ein Glas umschüttet, dann helfen wir ihr beim Aufwischen.
  • Wenn ein Freund einen Unfall, eine Trennung oder schlechte Erfahrung gemacht hat, begegnen wir ihm /ihr empathisch, zeigen Mitgefühl und Verständnis.


Die Art und Weise, wie sich Erwachsene jedoch bei Kindern verhalten, ist oft komplett kontrovers dazu:

Wie Eltern reagieren – und wie sie respektvoll reagieren könnten

1. Wenn unser Kind ausrastet, dann begegnen wir ihm/ihr gerade nicht voller Respekt und Würde.

  • „Hör auf zu weinen“
  • „Ist doch nicht so schlimm!“
  • „Stell dich nicht so an.“

Sind Aussagen, die wir von uns geben – statt die Gefühle, die sind, anzunehmen.

2. Wenn wir von und über unsere Kind im Beisein von anderen sprechen, es dabei bewerten, gegebenenfalls Geschichten über das Kind erzählen, das ihm/ihr peinlich ist oder gar Kosenamen benutzen:

  • „Unser kleiner fauler Zwerg.“
  • „Er ist halt nicht der Sportlichste…“

Auch dann begegnen wir unserem Kind nicht respektvoll – statt das Kind zu fragen, ob es selbst jene Geschichte erzählen möchte und man gleichzeitig auf Kosenamen jeglicher Art verzichtet.

3. Wenn unserem Kind die Nase läuft oder Tomatensauce am Mund hängt, dann wischen wir einfach drüber – ohne zu Fragen, ob das Kind das überhaupt möchte oder selbst entscheidet, wann es das tut.

4. Wenn es nicht die Zähne putzen oder die Windel wechseln will, dann wird es festgehalten – gegen seinen Willen (lies bitte hier auch den Artikel dazu – es gibt viele gewaltfreie Alternativen!).

5. Wenn die Geschwister streiten, dann wird eines bestraft, das in unseren Augen „Schuld“ ist – statt die Positionen der Kinder zu hören und eine gemeinsame Lösung zu finden.

6. Wenn ich (meine) Kinder vergleiche mit

  • „Mensch, dein Bruder hat heute den ganzen Tag im Garten geholfen…schau mal, wie toll er da mitgemacht hat“
  • „Deine Freundin spielt den ganzen Tag alleine…“

und dadurch indirekt Kritik aussprechestatt meine eigenen Bedürfnisse klar äußere und bei mir bleibe.

7. Wenn ich „Warum“-Fragen stelle, in denen ich eigentlich Missbilligung ausspreche („Warum hast du das gemacht?“) – statt meine Enttäuschung ehrlich und authentisch kund tue.

8. Wenn ich Botschaften vermittle, die aussagen, was ich konkret über den anderen und sein Verhalten denke – statt das Bedürfnis dahinter erkennen versuche.

9. Wenn ich mein Kind, das gerade die Sprache entwickelt, immer wieder offensiv und penetrant korrigiere:

  • „Es heißt gegangen, nicht ge-geht!“
  • „Du sprichst das falsch aus…“

Statt im Gespräch den Satz mit der korrekten Grammatik einfach wiederhole und meinem Kind sowie seinen Fähigkeiten einfach vertraue.

10. Wenn das „Stopp“ eines Kindes nicht gehört wird und man dann weitermacht (z.B. mit Kitzeln, in dem Spiel etc.)- statt die Grenze zu erkennen und aufzuhören.

11. Wenn ein Missgeschick passiert, belehrt, Kritik oder gar ein Vorwurf geäußert wird

– statt zu helfen, dies wieder in Ordnung zu bringen.

12. Wenn Kinder gelobt werden für 

  • ihr Verhalten: „Du hast aber toll ausgeräumt!“ oder
  • ihre Leistung: „Ich bin stolz, dass du die Beste aus der Klasse bist!“

statt ihnen ehrliche Anerkennung zu schenken, in der ich ausdrücke, was ‚das‘ mit mir macht.

Respekt drückt sich auch in Handlungen aus

Dazu gehört Bausteine und Botschaften des Miteinanders, die ich ohne Worte (nonverbal) übermittle und dadurch das Selbstwertgefühl meines Kindes positiv stärke.

  1.  Ich helfe meinem Kind gern, wenn es mich braucht (und verdrehe nicht die Augen, schnaufe tief und seufze)
  2. Ich halte nicht nur meinem Mann die Tür auf, sondern auch meinen Kindern
  3. Ich schenke anderen zuerst ein
  4. Ich bedanke mich für die Geduld, die Unterstützung
  5. Ich helfe bei einem Missgeschick

Es gehört auch dazu, dass ich das Kinderzimmer als solches respektiere, Geheimnisse, die mir anvertraut werden, für mich bewahre. 

Im Prinzip jegliches „Miteinander“, das dem anderen Höflichkeit und Wertschätzung schenkt.

Mama hilft Kind beim klettern

Respekt kann man lernen

Respekt zeigen und sich respektvoll verhalten ist etwas, was jeder üben und lernen kann. Es ist eine Art und Weise, Taktgefühl und Feinfühligkeit für Situationen zu haben, den anderen so, wie er ist, anzunehmen.

Sich eine respektvolle Haltung und damit Kommunikation anzueignen ist ein unglaubliches Geschenk für jede Beziehung.

„Und wie bringe ich meinem Kind Respekt bei“, fragst du dich. 

In dem du deinem Kind respektvoll begegnest. Respekt ist immer ein Zwei-Wege-System: Wenn du es gibst, erhältst du es auch zurück.

In dem du auf deine Sprache, Worte und Handlungen achtest und dich fragst, ob das, was du tust oder sagst respektvoll ist.
Ob das, was du aussprichst oder tust dem anderen schadet oder schmerzt.

Wenn du ehrlich, authentisch und voller Liebe respektvoll sein kannst, dann wird auch dir Respekt gegeben.

Wie du deine eine respekt- und liebevolle Kommunikation mit deinem Kind entwickelst, zeige ich dir in meinem Mentoring-Programm „Gemeinsam wachsen“.