Beziehung

Sei nett zu dir selbst!

von Manuela

Warum Selbstfürsorge für dich und deine Familie so wichtig ist – und 20 Ideen zur Umsetzung

Ach ja, es „musste“ fast so kommen: Die Anspannung war wochelang hoch und dann hat es mich doch erwischt.
Seit Tagen habe ich einen Infekt in mir. Mein Körper sagt: „Du brauchst JETZT eine Pause.“

Ehrlich, mir fällt es schwer „loszulassen“, auf STOP zu drücken und mir einzugestehen, dass es besser ist, zu pausieren. Mal eben nicht mit Vollgas den ganzen Tag durch’s Leben zu düsen.
Meine Arbeit stagniert, meine To-do-Listen bleiben liegen und im Fokus stehen Ruhe und Genesung. 

Nun habe ich mir aber diese Zeit endlich genommen. Mein Körper ließ mir auch gar keine Wahl mehr. Und weißt du was? Es tat so gut. Und es hilft mir zu lernen und anzuerkennen, dass ich bewusst öfter und früher Pausen machen darf. Denn die eigenen Grenzen früher zu erkennen und gut für sich selbst zu sorgen, ist das A&O um gesund, ausgeglichen und voller Energie zu bleiben . Davon profitiere nicht nur ich, sondern meine ganze Familie. Wie das funktioniert, erkläre ich dir in diesem Artikel.

Sorgst du für dich, sorgst du für alle

Empathie und vor allem Selbstfürsorge zu üben, sich selbst gegenüber achtsam zu sein ist ein Langzeitprojekt und kein ad hoc „ich gönne mir heute was für mich“. Gut zu uns selbst zu sein, davon profitieren nicht nur wir, sondern auch unsere Kinder und die ganze Familie. 

Denn wenn ich mit mir achtsam umgehe, auf mich schaue, meine Bedürfnisse höre, dann kann ich auch mit anderen so umgehen und mitfühlend Bedürfnisse anderer erkennen. Die Kunst ist es also immer in der Waage zu bleiben. Das Mittelmaß zu finden zwischen Arbeit (die ich liebe!) und Familie (die ich auch liebe). Zwischen Anspannung und Entspannung, zwischen ich und du.

Überwiegt eine Seite, dann entsteht ein Ungleichgewicht. Meistens verlieren wir Eltern dabei den Kontakt zu uns selbst. Werden reizbar und sind ungeduldiger als uns lieb ist. Das, was ich gerade an mir, meinem Mann und den vielen Familien beobachte, ist die Strategie an allen Stellen zu „kappen“, die nicht überlebenswichtig sind.

Da fällt zuallererst die Selbstfürsorge – das „um sich kümmern“.

Traumfänger

Der Plan geht aber nicht auf!

Die Idee bei „Overload“, Überforderung und (negativer) Fülle bei der Selbstfürsorge zu kappen ist gut, wenn eine akute Bedrohung vorliegt oder bei kurze (und damit zeitlich begrenzten) Herausforderungen – aber weniger gut für Krisen (und mal ehrlich, wir wissen nicht, wie lange diese aktuell noch dauert!) oder länger andauernde Zustände maximaler Anforderungen.

Wenn deine von Fürsorge und Mitgefühl gefüllte Schale überläuft, kannst du anderen daraus geben.

Also in Moment wie JETZT.

Denn Selbstfürsorge zu betreiben heißt, dass du all die Dinge tust, die dir Energie, Kraft und Lebensfreude geben, die deinen Akku wieder füllen und ein harmonisches, weniger konfliktreiches, gemeinsames Familienleben erst ermöglichen.

Selbstfürsorge ist also überlebenswichtig.Die vermehrte Gewalt in den Familien entsteht ja gerade,

  • weil Eltern unausgeglichen sind
  • weil sich deren Kraftlosigkeit auf die Kinder überträgt (die haben evolutionsbedingt super spitze Antennen!) und diese Gefühle irgendwie „kompensieren“ müssen.

Daraus entstehen vermehrt Konflikte, Geschwisterstreits, Anspannungen und letztendlich eskalierende Situationen.
Wir können erst fürsorglich miteinander sein und Mitgefühl zeigen (z.B. in unserer Funktion als Vermittler in Konflikten), wenn wir aus einer überlaufenden Wasserschale schöpfen können.

Wenn du aber ständig und in einer Tour über einen langen Zeitraum gibst, ohne nachzufüllen, ist deine Schale ausgetrocknet. Du kannst dann nicht mehr geben!

Und dann?
Was haben unsere Kinder davon, wenn wir genervt sind?
Wenn wir anfangen, sie dafür verantwortlich zu machen, dass es uns nicht gut geht?

Dich um dich zu kümmern ist JETZT ERST RECHT das Beste, was du gerade tun kannst – für dich, deine Paarbeziehung und deine Kinder.

Mädchen auf der Wiese

Selbstfürsorge heißt, mitfühlend mit uns sein, damit wir es mit unserem Gegenüber sein können

Denn es sind die stressigen Moment, in denen uns der Kragen platzt. In denen es uns schwerfällt, die Bedürfnisse, unsere eigenen und die unserer Kinder, wahrzunehmen. Wenn das der Fall ist, dann ist es nahezu unmöglich, unsere Kinder durch ihre eigenen Gefühle und Emotionen begleiten. Das betrifft besonders die Situationen, in denen Kinder wütend und auf Co-Regulierung angewiesen sind.

Vielleicht ist dir in einem Moment der Unachtsamkeit auch schonmal ein Satz herausgerutscht wie: „Was ist nur los mit dir? Kannst du nicht einmal normal sein?“  Oder Sätze, in denen wir die Gefühle der Kinder negieren wie: “Hör auf zu weinen, es gibt gar keinen Grund” sind dann schnell herausgerutscht. (Wie Vorwürfe und Belehrung wirken, liest du auch hier.)

Übersetzt gesagt bedeutet das für dein Kind so viel wie „Es gibt keinen Grund für dich, dich aufzuregen, so zu sein, wie du gerade bist.“

Was fehlende Empathie mit unseren Kindern machen kann

Überleg’ mal und spüre in dich hinein. Wenn du traurig bist, oder verärgert und deinen Gefühlen freien Lauf lässt, weil sie dich sonst erdrücken. Würdest du dich bei einem Gegenüber gesehen und verstanden fühlen, dass dir sagt: “Dir geht es nicht gut, oder? Möchtest du darüber reden?”, oder bei jemandem der sagt: “Was ist denn nur los mit dir? Reiß’ dich mal zusammen!”

Ich glaube, ich kenne deine Antwort. Du würdest die empathische Person wählen, um dich zu öffnen. Diejenige, die dich so sein lässt, in genau diesem Moment. So geht es auch unseren Kindern. Wenn wir also sagen: Was ist nur los mit dir? Dann sollte die Antwort des Kindes lauten: „Mama, wenn du das so sagst, glaube ich ‚falsch‘ zu sein. Ich bin, wie ich bin. Ein Mensch, ein Individuum, mit Stärken und Schwächen. Vielleicht magst du nicht, dass ich gerade so bin, aber ich habe keine andere Möglichkeit dir zu zeigen, was in mir gerade los ist. Hilf mir, dass es mir besser geht und ich einen Weg finde, mir selbst zu helfen.“ 

Wenn wir Kinder daran hindern, ihre Gefühle auszudrücken, verschwindet nicht das Gefühl, sondern nur der Ausdruck.

Aber was macht das mit unseren Kindern, wenn unsere Gereiztheit ein Dauerzustand ist?
Wenn die Glaubenssätze über Erziehung beständig triggern und es schier undenkbar scheint, ein Miteinander ohne Bestrafung zu ermöglichen? 

Ja, dann bleiben wir stecken – in der Entwicklung, in der Veränderung. Dann stagniert das Wachstum und wir wiederholen, was wir möglicherweise selbst erleben haben.
Um das besser zu verstehen, habe ich mich hingesetzt und einen Brief aus Sicht des Kindes aufgeschrieben.

Wenn die Schale leer ist…

Hör auf zu weinen! Es gibt gar keinen Grund!

Liebe Mama, lieber Papa, liebe Erzieher*in,

es gibt einen Grund. Der steckt ganz tief in mir. Glaube ich.

 Ich bin traurig, weil etwas nicht klappt.
Ich bin traurig, weil mir jemand meinen Kuschelhasen weggenommen hat, der ein echter Teil von mir ist. (Es kommt mir so vor, als hätte mir jemand damit meinen Arm ausgerissen.)
Ich bin traurig, weil ich so ein komisches Gefühl in mir spüre und nicht weiß, was es ist (ist es Hunger? Bin ich müde?).
Ich bin traurig, weil ich so schrecklich Sehnsucht habe nach Kuscheln, nach dem Duft von Mama, nach einer warmen Decke und einfach nicht weiß, wie ich das sagen soll.
Ich bin traurig, weil heute alles so anders ist als gestern und ich weiß nicht, warum.
Ich bin traurig, weil ich nicht sagen kann, was ich brauche und das frustriert mich sehr.
Wenn du sagst, es gibt keinen Grund – warum weine ich dann? Was stimmt mit mir nicht?

Ich bin so abhängig von dir, ich vertraue dir mehr als mir, weil du mir die Welt zeigst. Ich liebe dich bedingungslos – wenn du das also sagst, dann bin ich falsch.

Das macht mich noch trauriger. ⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀

Ein Mädchen schreibt etwas

Was soll ich nun tun?

Vielleicht höre ich besser auf zu weinen. Ja, das ist eine Idee. Ich höre auf… und dann bist du wieder liebevoll zu mir.
Ok, ich weine nicht mehr. Das war falsch. Deine Liebe, Nähe und Zuwendung bekomme ich also, wenn ich aufhöre zu sein, wie ich gerade bin. Wenn ich wieder so werde, wie du es für „richtig“ hältst.

Vielleicht schreie ich nächstes Mal besser, wenn ich wieder traurig bin. Oder ich verstumme. Dann hört der Schmerz schon irgendwie auf. Nein, ich manipuliere dich nicht. Ich weiß gar nicht, was das ist. Dafür bin ich viel zu klein – das ist nur etwas, was Erwachsene können.

Ich brauche dich, Mama / Papa, bitte nimm mich in den Arm, wenn ich traurig bin. Es gibt immer einen Grund.

Es kann weitreichende Folgen haben, wenn wir unsere Kinder nicht sehen, ihre Gefühle und Bedürfnisse nicht nachvollziehen können und sie übergehen.

Genau das ist das Gegenteil von bedürfnisorientiert.

Mitgefühl ist erlernbar

Nur können Kinder sich so noch nicht ausdrücken. Das bekommen sogar die wenigsten Erwachsenen hin – weil sie es nicht gelernt haben. Weil sie keine Vorbilder hatten, die ihnen Empathie und Mitgefühl für sich selbst und andere vermittelten.
Es ist so wichtig, dass wir die Wahrnehmung und Empfindungen des Kindes (und unsere eigenen!) nicht leugnen, sondern die Gefühle ernst nehmen.
Wenn sich Kinder „richtig“ fühlen, dann können sie auch „richtig“ denken und später „richtig“ handeln.

Die Gefühle des anderen einfach anzuerkennen und sie sein zu lassen, führt automatisch zu einer sanfteren Beziehung. Das ist der Weg des bedürfnisorientierten Begleitens, den ich dir zeigen kann. 

20 Ideen zur Fürsorge und Bedürfniserfüllung aus der Community

Also: Bist du mit dir selbst verbunden? Kannst du Mitgefühl für dich selbst empfinden, auch und gerade an Tagen, an denen du „schlechte“ Laune hast?

Spürst du dich dann? Deine Bedürfnisse? Deinen Körper? Gehst du eigentlich fürsorglich mit dir selbst um?

Hand auf’s Herz: Oft spüren wir uns nicht mehr, wir verlieren uns, wenn wir im „nur noch funktionieren“-Modus sind. Dann vergessen wir uns…drängen unser Sein an den Rand, werden immer und immer leerer. Dabei können wir unseren eigene Tank so leicht füllen, in dem wir das tun, was uns wieder Kraft und Energie gibt! Wenn du jeden Tag „Mama-Zeit“ in deinen Alltag integrierst, gewinnen alle: 

Wenn du vormachst, das tust, was deine Seele nährt, dann lernt dein Kind das auch!
Wenn du entspannt den Raum betrittst und leuchtest, dann können dein Kind und dein Mann auch leuchten.

Selbstfürsorge bewusste Elternschaft

In meiner kostenfreien Facebook-Gruppe „Raus aus dem Alltag – rein in die Familie habe ich die Mitglieder*innen gefragt, wie sie ihre seelische Gesundheit stärken und nähren. Konkret: Wie sie ihre Tanks füllen.

Dabei sind folgende Tipps zu Stande gekommen, die ich gerne mit dir teilen möchte:

  1. So viel wie möglich draußen sein
  2. Spazieren mit dem Hund
  3. 20 min Yoga als Morgenroutine
  4. Töpfern
  5. Musik und tanzen
  6. das Lied noch zu Ende hören, bevor ich dir Tür aufschließe; 
  7. am Esstisch sitzen bleiben, wenn die beiden Männer schon nach oben gehen; 
  8. Podcast „Glück in Worten“ hören
  9. mich selber umarmen, lieb haben 
  10. gutes Essen
  11. Gärtnern auf dem Balkon
  12. Nähen & stricken
  13. In der Badewanne liegen
  14. Mit der Familie/Freunde in Kontakt bleiben telefonieren.
  15. Rad fahren – Bewegung
  16. Tief durchatmen
  17. In die Stille gehen
  18. Joggen
  19. Frische Blumen
  20. Malen & basteln, dekorieren

Bedürfnisorientierung heißt nicht Bedürfniserfüllung um jeden Preis

Ich höre dich jetzt schon rufen: „Wann soll ich das denn machen? Ich bin total eingespannt und komme zu nichts! Ständig wollen meine Kinder was – ich bin nur dabei, deren Bedürfnisse zu erfüllen…“

I feel you! Noch mal: Selbstfürsorge ist ein Langzeitprojekt und wie alles beginnt es auch hier mit dem ersten kleinen Schritt.

Außerdem sehe ich auch oft das Missverständnis beim Thema Bedürfnisorientierung: Nämlich die Idee,

  • dass sich Eltern nur noch nach den Bedürfnissen der Kinder richten. Es nur noch darum ginge, dass die Kinder glücklich wären – „Koste es, was es wolle“
  • dass Eltern sich selbst zurücknehmen müssen, ständig, um den Kindern den Vortritt zu lassen
  • dass Eltern um jeden Preis die Bedürfnisse der Kinder zu erfüllen haben
  • dass, wenn sich Eltern nur noch und ausschließlich um sich kümmern, immer auch automatisch die Kinder im Gleichgewicht sind (auch das ist dann ein Trugschluss, denn dann werden die ja die Kinder nicht mehr mit ihren Bedürfnissen gesehen.)

Ja, je kleiner dein Kind ist, desto mehr braucht es dich und desto weniger kommst du in dieser Zeit zur Erfüllung deiner Bedürfnisse.

Das ändert sich – und ‚sollte‘ es auch!

Denn was hat dein Kind davon, wenn du deine Bedürfnisse nicht erfüllst? Wenn du dann wütend bist auf dein Kind, weil „es ständig alles bekommt?“

Weißt du was da passiert? Es entsteht ein innerer Groll auf diesen kleinen Menschen. Die Wut auf einen Menschen, der eigentlich viel zu viel Verantwortung und damit Macht trägt. Der in den Konflikt mit dir geht, weil er eigentlich nach Führung und Orientierung sucht, nach deinen persönlichen Grenzen, nach dem Menschen, der sich da „Mama“ oder „Papa“ nennt, mit seinen Werten und Bedürfnissen.

Balance ist der Schlüssel zur Selbst- und Fremdempathie

Vielmehr geht es darum, die Balance zu finden und die Bedürfnisse aller im Blick zu haben – auch deine! Denn auch du bist wichtig! 
Dabei ist es uns nicht möglich, immer alle Bedürfnisse zu erfüllen. Aber es ist wichtig, zu wissen, dass sie da sind und ihnen zu einer bestimmten Zeit Raum geben zu können.

Genau deshalb bedeutet bedürfnisorientierte Eltern-Kind-Beziehung gerade nicht „Laissez-faire“ oder gar easy peasy. Bedürfnisorientiert ist beständige, harte Arbeit und gemeinsames Wachstum – an dir, an deiner Familie, an einem gleichwürdigen, respektvollen Miteinander!

Ich verspreche dir, es lohnt sich. Für dich, für euch als Familie und besonders für deine Kinder. Sie sind die Erwachsenen von morgen.

Wie ihr das gemeinsam als Familie schaffen könnt, lernst du in Gemeinsam wachsen: Von der Wut zur respekt- und liebevollen Eltern-Kind-Kommunikation.

3 Monate lang begleite ich dich und andere Mamas auf ihrem Weg raus aus der Wut, hin zu einer empathischen und bedürfnisorientieren Haltung. Mit dir selbst und mit deinem Kind. Denn die Veränderung beginnt bei dir. Die nächste Runde startet in 2022, du kannst dich hier auf die Warteliste setzen.