Podcast #63 – Ich schäme mich so!
Wie du Schamresilienz entwickeln kannst
Wir trauen uns nicht darüber zu sprechen, haben Angst vor einer (erneuten) Niederlage oder davor, verurteilt, oder kritisiert zu werden und damit letztendlich die Verbindung zueinander zu verlieren. Ja, es ist einfach ein Thema, dass oft gerne gar nicht angesprochen werden darf: die Scham.
Viele schämen sich gerade in der Elternschaft sehr stark, dann, wenn sie ihrem Kind gegenüber gehandelt oder gesprochen haben, wie sie es gar nicht wollten oder wenn sie die eigenen oder fremden Erwartungen nicht erfüllen.
- Doch was ist eigentlich das Gefühl von Scham?
- Wie hat es die Scham entwickelt?
- Wie macht sich Scham im Alltag bemerkbar und
- Wie können wir Schamresilienz für uns und in der Eltern-Kind-Beziehung entwickeln?
All das erfährst du in dieser Podcastepisode. Hör hier rein:
Warum schämen wir uns überhaupt?
Ich schämte mich, so sehr. Das bewusste Gefühl von Scham war mir nie so sehr präsent, wie am Anfang meiner Mutterschaft, als ich anerkennen musste, dass ich scheitere.
Dass ich, mit dem Berg an Verantwortung für ein neues Leben, überfordert war.
Dass ich vielleicht doch „weniger konnte“, als ich dachte und mich viel wertloser fühlte, als ich war bzw. bin.
Viele der Frauen, die ich im Mentoring „Gemeinsam wachsen“ oder in Einzelgesprächen begleiten darf, schämen sich,
- wenn sie mit ihrem Kind geschimpft oder gehandelt haben, das gegen ihre Werte spricht – sie sich aber nicht anders zu helfen wissen
- wenn sie ihre eigenen Erwartungen nicht erfüllen
- wenn sie die Erwartungen anderer nicht erfüllen
- sie schämen sich für Aussehen („Ich bin zu dick, meine Falten…“), für ihre Bildung („Ich hab halt nicht studiert, für ihre Talente („Ich kann nichts“ oder „ich bin in nichts wirklich gut“), für ihre Gefühle („ich wünschte manchmal, meine Kinder wären nicht da“), für ihren Beruf „Ich bin halt nur eine Lehrerin/Angestellte“ oder sogar für ihren Erfolg („Ich hatte halt Glück“)
Oft fühlen wir Menschen Scham, wenn wir auf Situationen im Alltag treffen, wo wir über uns hinauswachsen müssten. Situationen, wo wir Großes wagen möchte, aber dann der Stimme im Kopf lauschen, die uns kritisiert mit Sätzen wie: „Das kannst du doch nicht machen. Wer denkst du, dass du bist?“
Aus Angst enttäuscht oder kritisiert zu werden, eine erneute Niederlage zu erleben und sich damit verletzlich, „nicht perfekt“ und vielleicht sogar „unvollkommen“ zu zeigen – letztendlich menschlich zu sein! -, bleiben wir jedoch dann hinter unseren Möglichkeiten zurück.
Fakt ist: Wenn wir uns nicht gut „zeigen“ können, wer wir sind, dann ist man gleichzeitig verdammt gut darin, sich zu schämen.
Was ist Scham eigentlich?
Es gibt verschiedene Definitionen von Emotionen und Gefühlen. Die Scham ist neben Wut, Angst, Freude, Ekel und Trauer eine unserer Basisemotionen, die der Mensch im Zusammenspiel mit Menschen erst entwickelt hat.
Ohne das Gefühl der Scham wäre der Mensch vermutlich ausgerottet. Denn das psychische und physische Überleben in der Gemeinschaft war nur möglich,wenn neben der (mörderischen) Aggression (Tiere zu erlegen) auch Nähe, Liebe, Zugehörigkeit und Verbundenheit entwickelt werden konnte.
Dazu brauchte es einerseits die kognitive Entwicklung von Empathie, andererseits eben damit auch eben diese natürlich Bremse der Aggression, die durch Scham entstand.
Die Scham reguliert damit Aggression, unser Bedürfnis nach Zugehörigkeit und markiert (eigene und fremde) Grenzen.
Wie entsteht (chronische) Scham heute?
Während Erwachsene heute in der Regel eine ausgebildete Empathiefähigkeit haben, entwickeln sie (chronische) Scham bereits im Kindesalter, in dem sie die Stimmungen und Reaktionen im außen auf sich zurück beziehen.
Darunter ist die Scham zu verstehen, die die eigene Lebensfreude, den Selbstausdruck und Lebenslust bremst, aus Angst, „sich zu zeigen“ oder vor Sorge, die Erwartungen nicht zu erfüllen.
Diese Art der Scham entsteht bereits früh im Rahmen von Beschämungen, Zuschreibungen, Kritik oder Vorwürfen darüber, wie sich Kinder im Blick der Erwachsene zu verhalten haben.
Die Erziehungsmethode Bestrafung bewirkt damit noch so einiges: Aus Angst des Kindes die Zugehörigkeit, die Liebe und Zuneigung der Eltern zu verlieren, steckt es bei Beschämung im Dilemma.
Würde es seine Aggression und Wut gegen die Bindungsperson richten, muss es um die Liebe fürchten. Um diese überlebenswichtige Verbindung aufrecht zu erhalten, richtet das Kind dann seine Wut gegen sich selbst und schlussfolgert, dass es „falsch sein muss“ und die Handlung des Gegenübers „richtig und gut“. Damit beginnt die Entwicklung eines schwachen Selbstwertgefühls und einer (falschen) Identität („Ich bin schlecht. Ich bin nicht gut genug.“)
Wie können wir Schamresilienz entwickeln?
Brené Brown spricht in ihrem großartigen Bestseller „Verletzlichkeit macht stark*“ von der notwendigen Entwicklung von Schamresilienz, also der Fähigkeit anzuerkennen: „Das tat weh. Ich hatte es anders erwartet und mir anders gewunschen. Aber doch bin ich mutig gewesen, habe etwas Neues ausprobiert, bin meinen Werten treu geblieben und bereit zu wachsen!“
Zur Überwindung der Scham benötigen wir Mitgefühl bzw. Mindsight (finde dazu auch meinen Vortrag „Empathie und Mitgefühl“, den ich dir sehr ans Herz lege) und Mut darüber zu sprechen. Am besten in der Gemeinschaft, denn „eine soziale Wunde [Scham] braucht sozialen Balsam“ (Brené Brown).
Etwas, was die Frauen in meinem Mentoring-Programm „Gemeinsam wachsen: Von der Wut zur respekt- und liebevollen Eltern-Kind-Kommunikation“ so sehr schätzen: Den Raum, sich offen zu zeigen, ohne beschämt zu werden.
Die ganze Podcastepisode findest du auch hier:
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