Podcast #70 – Du bist nicht ok! Das Ok-Gitter in der respektvollen Kommunikation

Es ist ganz natürlich, dass wir in Beziehung verschiedene Verhaltensweisen zeigen. Nehmen wir ein Verhalten wahr, dass (nicht) annehmbar für uns ist, denkt wir, dass wir selbst und/oder der andere nicht ok ist in diesem Moment.

  • Warum ist das so? Warum finden wir uns selbst oder den anderen einfach manchmal nicht ok?
  • Was verbirgt sich hinter dem “Okay-Gitter”, dem Modell aus der Transaktionsanalyse nach Berne?
  • Woher kommt es, dass wir uns selbst oft “nicht ok” finden, kritisieren und abwerten?
  • Wie kann ich im Konflikt in die respektvollen Haltung zurück kommen?

All das und mehr erfährst du in dieser Episode.

Respektvolle Haltung in der Kommunikation

Was bedeutet eigentlich eine respektvolle Haltung in Beziehungen? (In der Episode #24 erfährst du, wie wir unserem Kind respektvoll begegnen können. Schau mal hier.)

Respekt bedeutet, den anderen so zu akzeptieren, wie er ist, auch wenn man nicht mit seiner Meinung übereinstimmt. Doch warum fällt es uns manchmal schwer, diese respektvolle Haltung einzunehmen?

Dafür gibt es verschiedene Gründe. Oftmals bewerten wir uns selbst oder unser Gegenüber aufgrund von Erfahrungen und Verletzungen aus der Vergangenheit. Hier haben wir uns im Laufe unseres Lebens, besonders in den (emotional) schwierigen Momenten, Strategien angeeignet, die uns halfen, diese Augenblicke zu meistern.

Diese Selbstschutzmechanismen waren seither nützlich, um uns selbst vor weiteren (zukünftigen) emotionalen Verletzungen wie Beschämung zu schützen.

Doch diese Schutzmechanismen können uns heute jedoch auch daran hindern, in der respektvollen, positiven Haltung zu bleiben.

Die vier Quadranten des Ok-Gitters nach Eric Berne

In der Transaktionsanalyse von Eric Berne gibt es das sogenannte „OK-Gitter“ – es stellt vier Verhaltensweisen dar, die wir in Beziehungen mit anderen Menschen zeigen.

Das Modell zeigt dabei vor allem die eigene Gedankenwelt auf, die Gesprächspartner im Bezug auf sich und über den Anderen haben.

Der erste Quadrant repräsentiert dabei den idealen Zustand, in dem sowohl ich als auch mein Gegenüber okay sind.
Diese erste, „gesunde Position“, ist der Raum, in dem ich mich und mein Gegenüber als okay empfinde: „Ich bin ok. Du bist ok.“.
Diese Position ist der respektvolle Raum, in dem ich mitfühlend mit mir und meinem Gegenüber bin, wohlwollend auf der Suche nach gewaltfreien Konfliktlösungen.
Hier ist der Raum, wo wir achtsam, mitfühlend, respekt- und liebevoll miteinander sind auch wenn wir nicht derselben Meinung sind.

Damit unsere Kinder das, was wir sprechen und die Art, wie wir in Situationen reagieren, als liebevoll und gleichwürdig wahrnehmen können, müssen sich Eltern in dieser Grundhaltung (auch und besonders während eines Konflikts) befinden.

Die anderen drei Quadranten repräsentieren unterschiedliche negative Bewertungen, mit denen es schwer fällt, eine respektvolle Grundhaltung einzunehmen:
Im zweiten Quadrant finden wir uns selbst ok, nicht aber unser Gegenüber. Hier kommt eine klare Polarität der Gedanken zu Tage:

  • „Ich bin richtig, du bist falsch.“
  • „Ich bin im Recht, du bist im Unrecht.“
  • „Ich bin ok, du bist nicht ok.“

Im dritten, sogenannte „depressive“ Quadrant, finden sich viele meiner Klientinnen dann vor, wenn sie denken „sie seien eine schlechte Mutter“ und von Schuld- und Schamgefühlen geplagt werden. Zum Beispiel, nachdem sie schimpften, beschämten oder ihrem Kind drohten, obwohl sie „so“ nicht reagieren wollten: „Ich bin nicht ok. Du bist ok.“

Die aussichtslose und vierte Position ist die, in der beide Gesprächspartner als „nicht ok“ empfunden werden: „Ich bin nicht ok. Du bist nicht ok.“

Gerade während eines Konflikts, Streits wechseln wir rasant diese Positionen, wir „hüpfen“ innerhalb dieses Modells:

Verhalten verstehen

Es gibt hunderte Alltagssituationen bzw. Eltern-Kind-Konflikte , in den wir mit unserem Gefühl von einem Quadraten ins Nächste hüpfen, ohne es sogar zu merken.

Zum Beispiel in einer Situation, als ich mit meiner damals dreijährigen Tochter eine Tour joggend durch den Wald machen wollte:

Ich wollte joggen gehen und sie wollten mit. 

Ich befand mich im ersten Quadranten: Ich bin ok, sie ist ok.

Als sie dann anfing (in meinen Augen) „rumzutrödeln“ mit ihrem Fahrrad, sprang ich schon in den zweiten Quadraten: Meine Gedanken fingen an zu verurteilen. Irgendwann sagte ich ihr, wie blöd ich das jetzt fand, dass sie nicht „in Gang kommt“, wo ich doch joggen gehen will. Meine ganze non-verbale Kommunikation sprach für sich alleine.

Schon war ich im vierten Quadranten. Ich fand mich ganz und gar nicht ok, wie ich so „rumschimpfe“, ich fand sie auch nicht ok, wie sie so „rumtrödelt“.

Und kurz nachdem ich meinen Ärger Luft machte, war ich dann im dritten Quadranten. Ich fand mich ganz und gar nicht mehr ok. Die Schuldgefühle kamen hoch, ich fühlte mich schlecht…meine Tochter fand ich super ok – sie war eben einfach müde, der Tag war lang, die bunten Blätter luden einfach zum Spielen ein, statt mit der Mama stupide mit zufahren.

Bei all dem war jedoch eines das vorherrschende Thema: Mein unerfülltes Bedürfnis nach Entspannung durch Bewegung.

Eine gleichwürdige und respektvolle Eltern-Kind-Beziehung entsteht eben dann, wenn wir in der ersten Position des Gitters sind und dann, wenn „schwieriges Verhalten“ auftritt in Beziehung und Verbindung bleiben, in den wir z.B. durch „Zuhören“ versuchen herauszufinden, welche Bedürfnisse bei sich selbst und beim Anderen gerade da sind.

Dann gelingt es, gleichwürdig und respektvoll gemeinsam Lösungen zu finden.

Dann bleiben wir „ok“, dürfen „sein“ mit dem was gerade ist.

 

Wie geht es zurück in die positive Haltung?

Doch wie können wir aus dieser Bewertungsspirale aussteigen und wieder in den ersten Quadranten, den gesunden, respektvollen, positiven Zustand, gelangen? (Spoiler: Das ist oft soo sooo schwer und braucht wirklich Übung, Wiederholung!)

Es ist der Satz, den meine Klientinnen wohl am Häufigsten hören: Versuche „auszusteigen“, einen Schritt heraus zu treten und dir Zeit zu verschaffen. Zeit für Raum zum Atmen, Nachdenken und den Blick auf das, was gerade wirklich ist (statt sich in den Gedanken zu verlieren).

Zeit schafft Raum, um den Nebel zu lichten und Klarheit zu erlangen.

Erst dann ist es möglich zu sehen, welche Szenerie sich gerade abspielt und zu reflektieren, warum und wie gerade gedanklich bewertet, verurteilt oder kritisiert wird. Wenn wir uns bewusst machen, welche Erfahrungen oder Verletzungen uns zu dieser Bewertung gebracht haben, können wir lernen, diese Bewertungen als Schutzmechanismen zu erkennen und aufzulösen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass wir den Menschen als solches akzeptieren und nicht nur seine Ansichten oder Handlungen. Jeder Mensch hat seine eigene Geschichte, seine eigene Persönlichkeit und seine eigenen Erfahrungen.

Indem wir diese und unser Gegenüber als Mensch, so, wie er ist, akzeptieren, annehmen und respektieren, können wir eine respektvolle Haltung einnehmen, auch wenn wir nicht mit der Meinung oder Handlung unseres Gegenübers übereinstimmen.

Weitere Impulse, Ideen und Inspirationen für den Weg der bewussten und bedingungslosen Elternschaft findest du im Podcast „loslassen & gemeinsam wachsen“.

Wenn auch du respekt- und liebevolle Eltern-Kind-Beziehung aufbauen möchtest, dann komm hier zur Warteliste von „Gemeinsam wachsen: Von der Wut zur respekt- und liebevollen Eltern-Kind-Beziehung“, meinem 12-wöchiges Mentoring-Programm, in dem du erfährst, wie du eine gleichwürdige, bedürfnisorientierte, liebevolle und innige Bindungsbeziehung zu deinem Kind aufbaust, Konflikte achtsam und gewaltfrei löst und dadurch schließlich dein Leben, dein Kind und deine Familie in Liebe genießen kannst.

 

Das Video zum Podcast findest du hier:

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