#Alltagstalkdonts

Sprache ist Bindung

von Manuela

„Ich geh nicht weg!“ Negationen umwandeln lohnt sich!

Es gibt so viele „Nicht“- Sätze im aktiven Sprachgebrauch, die es dringend wert sind, positiv formuliert zu werden.

Unser Gehirn kennt kein ’nicht‘

Etwas, was wir oft vergessen, ist die entscheidende Rolle unseres Gehirns. Das Wissen darüber, wie es funktioniert und damit darüber, wie wir eigentlich ticken. Negationen verwirren uns total. Unsere linke Gehirnhälfte (bei Rechtshändern) ist nämlich für Verarbeitung von Sachinformationen zuständig, die rechte Gehirnhälfte für die Verarbeitung von Bilder.⠀


Unser Gehirn ist demnach auf ‚ja‘ programmiert

Bei einer Negation brauchen wir einfach länger, um die Botschaft, die kommt, zu decodieren. Da unser Gehirn visuell arbeitet, kann es sich bei einer Negation erst mal nichts vorstellen. So dauert es länger, bis eine Botschaft ankommt, „umgedreht“ wird und schließlich die passende Handlung entsteht.

  1. Im ersten Schritt hört der Empfänger die Botschaft.
  2. Im zweiten Schritt wird das Gehörte decodiert.

Und jetzt kommt’s:
Das Gehirn baut nun ein Bild, in dem es das ’nicht‘ schluckt.

Bei dem Satz „Ich geh nicht weg“ entsteht ein Bild im Kopf, bei dem ein Mensch weggeht.
Bei dem Satz „Nicht den Sand essen!“ entsteht ein Bild im Kopf, bei dem jemand Sand isst.

Aber genau das Gegenteil willst du ja eigentlich ausdrücken…

Besonders für Kleinkinder ist das mega schwer, denn sie lernen erst noch die Bedeutungen hinter den Wörtern nach dem Prinzip „Versuch und Irrtum“. (Kennst du: „Nein, nicht…“ und doch wieder gemacht. Solange, bis das Kind „nein“ verstanden hat.)

Ihr Gehirn entwickelt sich. Jeden Tag. Ein Stückchen mehr.

Kinder reagieren nicht auf ’nicht‘

(Na, die Headline fordert, oder?)

Der dritte Schritt der Gehirnleistung ist nämlich dann mit dem Bewusstsein über das ’nicht‘ den Satz erneut im Kopf durchgehen und zur Negation zu führen.
Das klappt nur selten – je jünger das Kind, umso erfolgloser sind solche Sätze.

Gerade in der Autonomiephase, der Zeitpunkt, in dem auch die Sprachfähigkeit schlagartig nach oben schnallt, wird den Kinder dann unterstellt, dass sie das mit Absicht tun.
Das, was man ihnen gerade gesagt hat, nicht zu tun.

Dabei liegt es daran, dass das Gehirn diese Nachricht noch nicht verarbeiten kann.

Im obigen Beispiel bei „Ich geh nicht weg“ entsteht bei Kindern dann oft diegleiche Reaktion – nämlich Panik!
Sie fangen an zu weinen, zerren an dir, klammern.

Bei „Nicht den Sand essen“ werden Kleinkinder den Sand nehmen, zu den Eltern gucken (die dann meinen, dass das Kind sie wohl provozieren wöllte) und langsam den Sand in den Mund stecken.

Eltern sind dann oft kurz vorm Druchdrehen.

Was hat das Kind denn nicht verstanden?
Meistens wiederholen Erwachsene dann ihren Satz, werden ärgerlich über das Verhalten des Kindes.
Vielleicht kommen dann sogar weitere Gedanken dazu wie:

Ist mein Kind zu dumm? Will es mich nicht verstehen?

Doch, es will! Aber noch einmal:
Das Gehirn ist noch im Aufbau. Kinder erlernen unsere Sprache, alle dazugehörigen Funktionen bis ins kleine Detail erst noch.

Vor allem üben sie sich darin, unsere sprachlichen Kunststücke, diese Gehirnakrobatik der ‚Nicht‘-Sätze zu verstehen.

Jeden Tag. Auf’s Neue.

Statt also „Ich geh nicht weg!“ sagst du nächstes Mal einfach:

  •  „Ich bleibe bei dir!“
  • „Ich geh nur mit dir weiter.“
  • „Wir warten auf dich.“

Statt „Nicht den Sand essen!“ sagst du nächstes Mal einfach:

  • „Lass den Sand bitte liegen.“
  • „Ja, der Sand fühlt sich ganz rau und irgendwie kugelig an zwischen den Händen, oder?“
  • „Ui Sand! Wollen wir zusammen etwas bauen?“

So einfach.
So effektiv.