#Alltagstalkdonts

Sprache ist Bindung

von Manuela

Kinder hören alles mit – genau deswegen sollten wir nicht über sie reden, wenn sie dabei sind!

Meine Tochter sitzt auf meinem Schoß, wir sind bei einer der Vorsorgeuntersuchungen beim Arzt.

Sie möchte nicht untersucht werden (und ja, ich bin stolz auf sie, ehrlich, es ist schließlich „ihr Körper“ und ihr ist es unheimlich jetzt bestimmte Dinge zu tun einem fremden Menschen gegenüber, der es auch noch eilig hat).

Die Ärztin fragt mich, während meine Tochter auf mir sitzt, unter anderem diese Frage: „Warum will sie denn nicht?“

Es folgen noch mehr derartige Fragen, in denen es über das Kind geht, das doch eigentlich direkt am Gespräch teilnimmt.

Meine Tochter hört, riecht, sieht alles. Sie ist mitten drin, während mich die Ärztin über das Gefühlsleben meiner Tochter ausfragen möchte: Sie will über sie reden, obwohl sie dabei ist.

Ich versuche das Gespräch zu lenken, unser aller Gesicht zu wahren und vor allem dabei auch meine Tochter zu schützen. Am Ende der Untersuchung bin ich sehr müde. Und vor allem traurig.
Denn wenn wir über Kinder reden in deren Beisein, macht es was mit ihnen.

Über jemanden sprechen schadet dem Selbstwertgefühl

Seitdem mir das vor Jahren bewusst auffiel, erlebe ich immer und immer wieder solche Situationen, in denen Erwachsene über ihr Kind sprechen. Was es alles gesagt, gemacht, wie es sich (meist nicht annehmbar für das Elternteil) verhalten hat. 

Sie reden, als ob es gar nicht da wäre, keine Stimme hätte oder diese keinen Wert hätte, gehört zu werden.
Oder sie beschweren sich über ihr Kind, suggerieren anderen (im Beisein der Kinder), dass sie eine Belastung sind.

Ich beobachte in diesen Situationen oft, wie die Kinder anfangen zu lauschen: sie spielen „scheinbar“ konzentriert, blicken auf, runzeln die Stirn. Ja, vielleicht sagen sie sogar was zu ihrer Verteidigung.

Sie möchten Dinge „richtig“ stellen, teilhaben können an der Diskussion.

Aggression entsteht durch Machtlosigkeit

Denn genau das passiert dann, wenn sich dein Kind ausgeschlossen fühlt: Es wird wütend.

  • Denn es erfährt welche Meinung die Erwachsenen über es haben, die wiederum das Selbstbild, die Existenz, formt.
  • Es fühlt sich vielleicht lästig, bekommt das Gefühl, dass es zu viel und damit eine Belastung für die Familie ist. Dabei können Schuldgefühle entstehen
  • Vielleicht reagiert es mit Anpassung, versucht ‚brav zu sein‘, zu gefallen und übergeht dabei sich selbst
  • Die Machtlosigkeit kann auch dazu führen, dass sich dein Kind neue Strategie ausdenkt, damit es wieder von dir gesehen und wertgeschätzt wird.

Dabei ist es grundsätzich so einfach, Kinder ins Gespräch einzubinden – und es ist gleichzeitig so schwer für Erwachsene, sich selbst zu spüren und zu fühlen.

Sich zu fragen, was wir eigentlich gerade brauchen. Wonach wir uns sehnen. Und das dann unserem Kind zu sagen und Klarheit zu schaffen.

 

Mit statt über einen sprechen – Mach immer den Perspektivenwechsel!

Mal Hand auf’s Herz: Würdest du mit deiner Freundin über deinen Partnern sprechen, während er neben dir sitzt? Einer Dritten Person sagen, was dich am Miteinander nervt, bevor du mit der betreffenden Person gesprochen hast?

Sicherlich nicht.
In dem Moment, wo du den Perspektivenwechsel machst, gelingt es dir besser, dich in dein Kind einzufühlen.

Kinder verstehen oft so anders, als wir vermuten. Das, was wir sagen, kommt anders bei ihnen an.

Ein weiterer kleiner Schritt hin zur gleichwürdigen Beziehung.