#Alltagstalkdonts

Sprache ist Bindung

von Manuela

Sonst gehen wir heim.“

Mehr oder weniger unfreiwillig, wenn ich mit meinen Kindern unterwegs bin, höre ich diverse Dinge, unter anderem auch immer wieder verschiedene Formen von Drohungen.

„Wenn du jetzt (nicht), dann…“ oder eben auch jene mit ’sonst‘.

Hier ein Zitat einer Mama, deren Tochter (etwa 2) freudig auf den Sand, der den Weg zum Kängurugehege im Tiergarten ebnete, zu rennt und anfängt, darin zu spielen.

„Das ist kein Spielsand. Wir sind im Tiergarten, um Tiere anzusehen. Sonst gehen wir heim.“

Warum hat diese Situation derartige Gefühle bei der Mutter ausgelöst?

Die Kernfrage ist immer, warum <ich> in diesem Moment aktuell diese Gefühle fühle. Dabei hilft es, sich die Situation einmal anzusehen und in beide hineinzufühlen.

Blickwinkel des spielenden Kindes

Denn einerseits möchte das Mädchen ihrem Bedürfnis nach „freiem Spielen (im und mit Sand)“ nachgehen. Sie es liebt vermutlich mit Sand zu spielen (welches Kind nicht in dem Alter?), das Gefühl in den Händen, in den Füßen. Sie lernt ja auch so viel vom Sand, seiner Beschaffenheit und Funktion und ist in diesem Moment einfach zufrieden damit

Blickwinkel der Mama

Andererseits jedoch hat die Mama Eintritt gezahlt für „Tiere anschauen“. Der Zweck des Tiergartenbesuchs steht hier im Vordergrund.

Hier entsteht das Problem zwischen „Geld“, „Wertigkeit“ und „Wertschätzung“ bei der Mama.
Sie ist vermutlich frustriert, wenn ihr Kind „nur im Sand“ spielt, denn für dieses freudige Erlebnis ihres Kindes hätte sie „nicht in den Tiergarten zu gehen brauchen.“ 

Das macht sie so wütend innerlich, dass sie um jeden Preis ihre Bedürfnisse nach

  • Wertschätzung ihrer Idee, die Zeit zusammen im Tiergarten zu verbringen
  • Wertschätzung ihrer Ressourcen (Geld, Zeit)
  • Wertschätzung des Miteinanders (statt „Freiem Spiel“)

durchsetzen möchte.

Die Idee also:

„Wenn ich schon Geld, also Eintritt bezahle für unser gemeinsames Glück, dann ‚soll‚ mein Kind das auch so nutzen, wie es angedacht war (wertschätzen).“

Weil das aber scheinbar nicht klappt (in diesem kurzen Moment!), entsteht die Drohung: „Sonst gehen wir Heim.“

Was passiert nach einer Drohung?

Angenommen, das Kind spielt stundenlang weiter im Sand (was sehr unwahrscheinlich ist bei einem Kleinkind).

Würde die Mama wirklich nach Hause gehen?
Wenn dem so wäre, dann würde die Mutter ihre eigene Formel des „Glücklich-Seins“ selbst zerstört. Vermutlich würde sie dann auch auf sich sauer sein, dem Kind die Schuld geben für ihre Gefühle und ihr Handeln „Nach Hause gehen zu müssen.“

Ein Konflikt, der sich nur zuspitzen kann. Das Kind würde sicherlich weinen, schreien, die Emotionen könnten auf beiden Seiten hochkochen.

Wege finden und sich verbinden

Die Situation könnte schöner nicht sein aus bedürfnisorientierter, bindungstheoretischer Sicht für das Kind.
Das Mädchen forscht, entdeckt und erkundet die Welt. Ganz selbstbestimmt, unmittelbar, frei und gleichzeitig verbunden mit sich, der Natur und ihren Wurzeln

Verbindung zu sich und Unterstützung benötigt hingegen die Mama, denn ja, hier triggerte sie etwas ganz bestimmtes. Sicherlich ist da noch viel mehr an Belastung und Themen, die auf ihr liegen. 

Das ist so wichtig, zu verstehen: Wenn wir Wut spüren, sind wir in Not. Dann gibt es da ein Bedürfnis, das schon lange nicht mehr erfüllt wurde. 

Sich mit sich zu verbinden, bedeutet, in sich zu spüre:

?Erkennen, was ich braucht

?Wahrnehmen und annehmen, was mein Kind im Hier und Jetzt braucht

?die eigenen Anforderungen überdenken

Wenn wir bereit sind, tief in uns zu spüren, den anderen wahrzunehmen und zuzuhören, dann steht einem Miteinander ohne Bestrafung nichts im Weg.