Gefühle
Kinder und ihre Gefühle - Umgang mit Emotionenvon Manuela
Die Gefühle unserer Kinder und wie ich mein Kind begleite
Wir fühlen. Den ganzen Tag.
Manchmal sind wir glücklich, eifrig, freudig, zuversichtlich.
Manchmal sind wir still, besorgt, überwältigt, ausgelaugt.
Wenn ein Kind seine Gefühle kennenlernt, versteht, dass seine Gefühle in Ordnung sind und so sein dürfen, entwickelt es ein Gefühl inneren Friedens. Kinder lernen dadurch ihre eigenen Emotionen anzunehmen, erkennen, dass sie zum Menschsein dazugehören. Wenn wir Kindern die Möglichkeit geben, ihre Gefühle auszudrücken (statt sie klein zu machen, zu unterdrücken oder gar zu negieren), gelingt es ihnen mühelos, den Blick wieder nach vorne zu richten. Kinder lernen dann, Gefühle zuzulassen und können später schwierige Situationen aktiv und verantwortlich lösen.
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Wir können uns von unseren Kindern noch so viel abschauen…
Du und deine Gefühle
Gleichzeitig sind wir es, die unseren Kindern als Vorbild dienen. Sie orientieren sich an uns, ahmen uns nach. Wenn wir wollen, dass unsere Kinder auch wenn sie älter sind, noch gut mit ihren Gefühlen und Emotionen umgehen können, kommt es auch darauf an, was wir ihnen vorleben. (Mehr zur Wut bei Eltern findest du hier.)
Kannst du annehmen, wenn du einen schlechten Tag hast? Kannst du annehmen, wenn du dich nicht wohlfühlst und dir am liebsten den ganzen Tag die Decke über den Kopf ziehen würdest? Kannst du annehmen, wenn du wütend bist und deine Wut bei dir lassen?
Oder fällt dir all das gar nicht so leicht und du rutschst schnell in die (negative) Verurteilung deiner Gefühle?
Dann stecken möglicherweise Glaubenssätze dahinter, wie z.B. “ich muss funktionieren”, oder “ich muss immer positiv denken, sonst ziehe ich schlechtes an”, oder “mein Kind muss doch hören, wenn ich etwas sage…”.
Für die Atmosphäre in der Familie sind allein die Erwachsenen verantwortlich. Gefühle und Emotionen gehören ebenso dazu wie Körpersprache und Tonfall. (Jesper Juul)
“Ich muss es halt aushalten.”
Aushalten? Durchhalten? Annehmen? Wo ist da der Unterschied?
Muss ich ‚es‘ immer „aushalten“, um jeden Preis?
Alles lieben und mögen, was mein Kind / der Partner / ich selbst usw. tut, macht, sagt?
Aushalten: Nein!
Du „musst“ nichts aushalten, was dir nicht guttut. Das sind all die Dinge, die deine persönliche Grenze übertreten. Die Momente, in denen du ÜBER deine Bedürfnisse oder Werte gehst.
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Durchhalten: Das empfehle ich dir immer für all die Dinge, die du von ganzem Herzen liebst.
Daran ‚festzuhalten‘, dass nach dem Regen immer wieder die Sonne kommt.
Dass es schwierige Zeiten gibt, die dich fordern – und es dann wieder leichter wird.
Wenn es das ist, was du liebst oder WEN du liebst, dann halte durch.
Annehmen heißt:
Annehmen heißt, den anderen oder die Situation, die sich nicht ändern lässt (ohne die Grenze eines anderen dabei zu übertreten!) zu respektieren.
Annehmen, dass dein Kind heute schlechte Laune hat und motzig ist.
Annehmen, dass du manches NICHT unter Kontrolle hast oder ändern kannst, gewissen Dingen nicht mächtig bist.
Annehmen, dass dein Kind anders ist als du.
Annehmen, dass du nicht alles lösen kannst und brauchst. ⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀
Dich selbst liebevoll annehmen – so, wie du bist. Denn du bist ok und genau richtig so.
Reflektiere deine Gefühle
Vielleicht fragst du dich in manchen Momenten: Was ist das gerade? Da in mir drin, in meinem Inneren? Warum fühle ich gerade so? Warum macht mich das, was ich da sehe, höre oder spüre gerade so ärgerlich, verstimmt, wütend, frustriert? Kommen da Erinnerungen hoch, an etwas, dass ich schon mal erlebt habe? Ein Schmerz, der mich begleitet und gerade in dieser Situation wieder sagt, dass er noch hier ist? Dass er bearbeitet und losgelassen werden möchte?
Welche Gedanken habe ich zu meinem Gegenüber? Über mich? Welche Wünsche habe ich – Für mich, für die Beziehung zu meinem Kind? Welche Angst ist da? Und was steckt hinter meinen Gedanken und Wünschen, welches Bedürfnis habe ich in mir drinnen?
Es ist nicht einfach, sich selbst zu reflektieren. Und doch ist es der Schlüssel zu uns selbst.
Es ist auch der Schlüssel zu unserer Beziehung, zum Verständnis für Situationen. Es ist auch der Schlüssel zu uns als Vorbild, damit unsere Kinder mit ihren eigenen Gefühlen umgehen lernen, auch wenn es “unangenehm” wird. Sie nicht zu verdrängen, oder sich abzulenken, wenn vermeintlich unangenehme Gedanken und Gefühle auftauchen (so wie wir Erwachsenen das häufig tun).
Die Gefühlswelt unserer Kinder
Kinder leben grundsätzlich ihre Gefühle aus. Vielleicht kennst du das aus der Zeit der Autonomiephase. Wenn dein Kleinkind in dieser Zeit “gewütet” hat, war es vielleicht ganz still und erschöpft, wenn es sich wieder beruhigt hatte. Es hat seine Wut ausgelebt, womit die Frustration und die negativ geladene Energie aus dem Körper entlassen wurde.
Vielleicht kennst du es aber auch, wenn du zwei Kinder beim Streiten oder Spielen beobachtest. Sie zanken sich, weil sie in diesem Moment unterschiedliche Vorstellungen des Spiels oder unterschiedliche Bedürfnisse haben. Dann geht es einmal heiß her und ein paar Minuten später spielen sie wieder friedlich miteinander, als wäre nichts gewesen. Bei uns Erwachsenen ist das weniger der Fall, oder? Wir lassen selten unserer Wut oder unserem Ärger freien Lauf. Höchstens Zuhause. Aber an der Arbeit oder bei Kollegen? Schlucken wir in der Regel erstmal herunter, bis uns das passende einfällt. Oder bis es sich so sehr angestaut hat, dass wir krank werden, oder bei der nächsten Gelegenheit förmlich explodieren.
Kinder leben uns den Umgang mit Gefühlen vor. Unsere Aufgabe ist es, ihnen zu helfen, diese Gefühle zu benennen und ihnen zu zeigen, dass wir sie annehmen, wie sie sind. Ob nun wütend, oder traurig, oder fröhlich. Dein Kind braucht einen Rahmen, in dem es sich immer angenommen, geliebt und willkommen fühlt, so wie es gerade ist. So können wir ermöglichen, dass unsere Kinder in Verbindung mit ihren Gefühlen und Emotionen bleiben, sie zulassen und verarbeiten können, auch wenn sie älter werden.
Gemeinsam in die Gefühlswelt wachsen
Es gibt unzählig viele Möglichkeiten mit Kindern präventiv in die Gefühlswelt einzusteigen und ihnen dabei zu helfen, sich selbst zu spüren.
Eine schöne Alltagsübung, wie du mit deinem Kind Gefühle üben kannst, habe ich dir in meinem kleinen Video berichtet.
Schau gern mal rein!
Ein paar Aspekte zum Einsteigen und gemeinsam in der Welt der Gefühle zu wachsen, habe ich dich für dich hier aufgelistet:
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- Nimm die Gefühle deines Kindes wahr und benenne sie.
Damit dein Kind benennen und erkennen kann, was es fühlt, kannst du ihm helfen. Denn nur wenn es selbst seine Emotionen bewusst wahrnehmen kann, kann es lernen, sie auch selbst zu regulieren. - Nimm die Gefühle deines Kindes ernst
Negieren oder wegschieben von Gefühlen ist keine gut gewählte Strategie um dein Kind auf seinem Weg zu begleiten - Reflektiere dich selbst
In welchen Situationen schiebst du Gefühle beiseite? Was sind deine persönlichen Strategien, die du deinem Kind vorlebst? Ist es der Griff zum Handy, der Gang zum Kühlschrank, ein Spaziergang an der frischen Luft, oder ein Gespräch mit einer Freundin? - Sei authentisch
Niemand ist immer zu 100% positiv und gut gelaunt. Weder unsere Kinder, noch wir selbst. Kinder haben sehr feine Antennen. Deshalb versuche nichts vorzuspielen, was du gerade nicht fühlst. - Nutze Bücher und Bilder
Schaut sie euch gemeinsam an und stelle Fragen zu den Bildern, wie z.B.: “was glaubst du, wie sich der kleine Bär jetzt fühlt?” “Sieh mal, der Junge auf dem Bild weint. Hast du eine Idee warum?”. Im Zuge dessen: “Wann fühlst du dich traurig/fröhlich usw.? Wie sieht dein Gesicht dann aus?”
Komme mit deinem Kind immer mal wieder ins Gespräch. So lernt es, dass es okay ist verschiedene Gefühle zu haben
Man darf als Eltern durchaus Weinen, Schreien, Toben. Man darf das Kind nur nicht verletzen und kränken. Neoromantiker glauben, ihre Gefühle schaden dem Kind. Aber die Abwesenheit von Gefühlen schadet dem Kind!
- Nimm die Gefühle deines Kindes wahr und benenne sie.
Mehr?
Einiges davon lässt sich wahrscheinlich schnell umsetzen, doch erwarte nicht zu viel. Jedes Kind, ist individuell, auslösende Erlebnisse und Rahmenbedingungen unterschiedlich. Daher kann es wie so oft keinen ultimativen Fahrplan geben, sondern nur Impulse, auf die das eine Kind mehr anspricht als das andere. Diese Thematik betrifft die meisten Eltern irgendwann mal, daher ist dies auch ein wichtiger Baustein in meinem Mentoring-Programms „Gemeinsam wachsen: Von der Wut zur respekt- und liebevollen Eltern-Kind-Kommunikation“, bei dem wir auf die individuelle Situation eingehen und Lösungsvorschläge erarbeiten, anwenden, korrigieren und wieder anwenden. Für eine nachhaltige bedürfnisorientierte Eltern-Kind-Beziehung. Für dich, für dein Kind und für euch als Familie.