Gefühle
Angst vor der Dunkelheit: 3 Tipps zum Umgangvon Manuela
Angst vor der Dunkelheit
Was wir als Eltern für unsere Kinder tun können
Wahrscheinlich hat es jedes Elternteil, eines heranwachsenden Kindes schon mal erlebt. Die plötzlich auftretende Angst vor der Dunkelheit beim Kind. Unsere Kinder wollen dann nicht mehr in ihren Zimmern alleine schlafen, sie haben Angst vor Monstern unterm Bett oder vor der Dunkelheit im Allgemeinen. Viele Eltern wissen nicht, dass diese Angst etwas völlig Natürliches in der Entwicklung ihrer Kinder ist.
Angst gehört zu den Grundemotionen
Wenn Kinder Angst haben, ist es für die Eltern meist eine große Herausforderung. Wird doch Angst oftmals mit Schwäche in Verbindung gebracht und somit gleichermaßen tabuisiert. Dabei ist die Angst an sich etwas Gutes und vor allem etwas sehr Wichtiges, in der Entwicklung eines jeden Menschen. Die Angst gehört zu den Grundemotionen. Es ist also eine Emotion, die durch verschiedene Vorgänge im Körper ausgelöst wird und sich in unterschiedlicher Weise nach außen hin zeigt.
Anatomischer Hintergrund
Kommt Angst auf, schlägt die Großhirnrinde Alarm und schickt diese Botschaft an das limbische System. Das limbische System ist für unsere Gefühle zuständig und veranlasst unmittelbar, dass in der Nebennierenrinde Adrenalin, Cortisol und Noradrenalin ausgeschüttet wird. Daraufhin wird auch das sympathische Nervensystem (Sympathikus) aktiviert. Die Folge dessen sind ein steigender Blutdruck, erweiterte Pupillen sowie ein schnellerer Herzschlag und eine schnellere Atmung.
Warum ist diese Reaktion auf Angst nun wichtig?
Genau diese Symptome braucht es, um in einer gefährlichen Situation schnell handeln zu können. Der Körper stellt sich auf einen Kampf ums Überleben ein und ist unmittelbar bereit zu funktionieren. Angst hilft uns also im Ernstfall zu überleben und ist somit entwicklungsbedingt von großer Wichtigkeit. Sie ist ein Anzeichen für gesunde und psychische Reifung und hilft Grenzen zu erkennen. Überschreiten wir diese Grenzen bewusst, findet ein Wachstum und Lernen statt: „Ich hab das geschafft“. Das trifft auf Kinder wie auch Erwachsene gleichermaßen zu.
Beispiel:
Du möchtest einen Fallschirmsprung absolvieren und steigst in ein kleinmotoriges, winziges Flugzeug. Sicherlich macht sich bereits ein unangenehmes Gefühl in dir breit, je höher der Flieger steigt. Die Tür öffnet sich und deine Beine baumeln über mehrere Tausend Meter NICHTS.
Wie fühlst du dich jetzt?
Sicherlich werden alle genannten körperlichen Symptome bei dir in diesem Moment gerade zum Tragen kommen. Du, bzw. wahrscheinlich eher dein Tandempartner hinter dir, entscheidet, dass ihr jetzt springt. Du überschreitest bewusst deine Grenze der Angst. Die ersten Sekunden im freien Fall sind schrecklich, aber dann verändert sich das Gefühl. Du hast es geschafft! Du bist (mehr oder weniger freiwillig) gesprungen und hast deine Angst besiegt.
Ich hab das gemacht – und es sah so aus:
Ich habe es geschafft!
Wann fängt diese „Angstphase“ bei Kindern an?
Bei Kindern tritt diese uralte und in den Genen biologisch verankerte Angst in der sogenannten Magischen Phase auf. Jedes Kind ist individuell, daher kann der Zeitraum variieren, in der Regel tritt er meist zwischen 3 und 6 Jahren auf.
Kinder haben vor allem Angst vor Unbekanntem, Uneinschätzbarem und Bedrohlichem. Das liegt daran, dass sie die Bedrohnung aufgrund der wenigen Erfahrungen die sie gemacht haben, nicht einschätzen können. Es kann aber auch sein, dass sie Angst vor etwas haben, weil sie bereits negative Erfahrungen damit gemacht haben.
Kinder haben aufgrund ihrer Unerfahrenheit viele Ängste:
⇒ Angst im Dunkeln
⇒ Angst vor Fantasiewelten
⇒ Angst vor sozialen Gruppen
⇒ Angst vor Unvertrautem
⇒ Angst vor Übergängen
Besonders häufig kommt die Angst vor der Dunkelheit vor. Sie sorgt für eine erhöhte Wachsamkeit in der Nacht (Vigilanz). Oftmals erfinden Kinder Schreckgestalten wie Monster, die dann als Stellvertreter für die wirklichen Ängste der Kinder dienen.
⇒Das Ziel ist in allen Fällen jedoch das Gleiche: Angst entängstigen und mit der Angst umgehen.
3 Tipps zum Umgang mit den Ängsten von Kindern
Einstellung zu Ängsten
Zunächst ist die Einstellung der Eltern zum Thema Angst von Bedeutung. Was wäre, wenn wir Ängste als etwas positives wahrnehmen würden? Als etwas Gutes? Ich nutze dafür sehr gerne das Akronym des englischen Wortes für Angst: FEAR
F ⇒ Feeling
E ⇒ Energized
A ⇒ And
R ⇒ Ready
Sofern es sich um eine gesunde Angst handelt, also keine extremen Ausmaße angenommen hat, kann die Angst demnach mit einem „Ich bin bereit, lass uns loslegen“ Gefühl verbunden werden. Das fühlt sich doch schon ganz anders an, als sich für seine Angst zu schämen, oder?
Ernst nehmen & annehmen
Die Angst deines Kindes ist real, auch wenn sie für dich nicht nachvollziehbar ist. Für dein Kind ist die Angst jedoch von großer Bedeutung und negativ konnotiert. Das solltest du respektieren und annehmen. Höre aktiv zu und nehme bewusst wahr, was und wie dein Kind die Angst beschreibt. Begleite dein Kind in seiner Angst, nimm es ernst, spiele es nicht herunter aber überdramatisiere es auch nicht. Zeige Verständnis und Mitgefühl.
Die Angst vor der Dunkelheit spiegelt oft ein Bedürfnis nach Sicherheit. Häufig suchen Kinder daher vermehrt die Nähe zu den Eltern und wollen wieder bei ihnen im Bett schlafen. Gib deinem Kind den Raum und den Rahmen Sicherheit zu fühlen.
Es ist ok Angst zu haben. Ich bin für dich da.
Die Angst anzunehmen ist wichtig, man sollte sich jedoch nicht von ihr lenken lassen. Ich vergleiche es gerne mit dem Autofahren. Das Auto ist die Angst, sie ist bei mir. Aber ich lenke das Auto dorthin wo ich möchte und lasse nicht das Auto das Lenken übernehmen.
Ängste äußern & artikulieren
Dein Kind äußert seine Angst auch, kann es aber meist nicht konkretisieren. Du kannst deinem Kind helfen, hineinzufühlen und herauszufinden was genau die Angst verursacht. Hilf deinem Kind die Angst zu verbalisieren und erweitere Stück für Stück den dafür notwendigen Wortschatz. Gib ihm das Gefühl, dass er die Angst jederzeit frei äußern kann. Helfen können hierbei Rollenspiele mit Fragen wie:
- Was können wir tun, um die Angst zu verlieren?
- Hatte ich diese Angst schon mal?
Wie kann ich meinem Kind die Angst nehmen?
Neben diesen wichtigen mentalen Unterstützungsangeboten, gibt es aber noch weitere konkrete Dinge, die du tun kannst, um die Angst zu mildern. Bei der Angst vor der Dunkelheit kann bereits ein kleines Nachtlicht für Milderung sorgen.
Sollte dein Kind die Nähe zu dir bzw. euch als Eltern suchen, dann lasse es zu und ermögliche es ihm bei euch zu schlafen. Das Bedürfnis nach Sicherheit kann so besser gestillt werden. Dennoch kann es sein, dass dein Kind weiterhin schlecht schläft. Vielleicht wacht es auf, weil es besorgt ist, ob ihr noch da seid oder ob es alleine ist. Das Kind nach dem Einschlafen wieder zurück ins eigene Bettchen zu legen, ist dann eher kontraproduktiv.
Darf ich bei euch im Bett schlafen? (Kind zu seinen Eltern)
Was kann ich sonst noch tun?
Einiges davon lässt sich wahrscheinlich schnell umsetzen, doch erwarte nicht zu viel. Jedes Kind, ist individuell, auslösende Erlebnisse und Rahmenbedingungen unterschiedlich. Daher kann es wie so oft keinen ultimativen Fahrplan geben, sondern nur Impulse, auf die das eine Kind mehr anspricht als das andere. Diese Thematik betrifft die meisten Eltern irgendwann mal, daher ist dies auch ein wichtiger Baustein in meinem Mentoring-Programms „Gemeinsam wachsen: Von der Wut zur respekt- und liebevollen Eltern-Kind-Kommunikation“, bei dem wir auf die individuelle Situation eingehen und Lösungsvorschläge erarbeiten, anwenden, korrigieren und wieder anwenden. Für eine nachhaltige bedürfnisorientierte Eltern-Kind-Beziehung. Für dich, für dein Kind und für euch als Familie.